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Pfingsten im Waadtländer Jura

Es ist Freitag, Pfingsten steht vor der Tür. Ich habe drei Tage frei und die Meteo meldet strahlend schönes Wetter, aber ich habe mich zu Bürodienst verknurrt. Am Morgen bekomme ich ein Mail von meiner Freundin: sie geht drei Tage ins Waadtland, wandern. Schön für sie… aber ich darf nicht mit - Bürodienst. Dennoch nimmt das Geplänkel seinen Lauf.

-          Brauchst du keinen Lastenschlepper? ich hätte zwei unterbeschäftigte Pferde...

-          Hätte ich schon gerne, aber wir sind eine Gruppe, ich habe die Wanderung fest gebucht

-          Wo geht ihr durch?

Hippo nennt mir ihre Route. Ste. Croix -  Le Suchet -  Le Pont (Vallée de Joux), und dann der Col du Marchairuz. Puh, schön wär’s, der Waadtländer Jura ist noch schöner, als die Freiberge… aber ich muss Büro machen. Aber der Gedanke nagt, unerbittlich. In den kurzen Pausen zwischen zwei Kunden schaue ich mir ihre Strecke an, überlege ganz theoretisch, wie man das mit meinen Pferden kombinieren könnte, dass ich am Schluss wieder beim Auto wäre. Man könnte sich ja jeweils zum Schlummertrunk oder zum Abendessen treffen, oder sogar unterwegs in der Mittagspause…

Aber nein, ich muss Büro machen.

Aber die Meteo ist immer noch super.

hmmm - nein, NEIN, NEIN!!! Wenn ich gehe, erzürne ich meine Buchhalterin (was ich wirklich nicht will…); wenn ich nicht gehe, verschenke ich drei traumhafte Tage meines Lebens. Und ohne dass ich es will – ehrlich!!! -  habe ich plötzlich die drei Tage geplant… um halb vier Uhr weiss ich, dass ich am nächsten Morgen  reiten gehe, und ich fange an, Unterkünfte zu suchen.

Ein Mail an A., meinen Begleiter auf der Frankreich-Reise. Unsere Pferde sind voll im Schuss, und es wäre doch schade, die Kondition einfach wieder zusammenfallen zu lassen… A. ist zwar ziemlich überrumpelt, aber er sagt zu. So macht es Spass!

 

Samstag

2 Stunden Fahrt ins Vallée de Joux. Es ist wirklich Prachtswetter, es sollen die heissesten Pfingsten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr achtzehnhundertsowieso werden. Somit kann man ja nur in die Höhe flüchten… In Le Pont laden wir aus und satteln für die erste Etappe, nach Le Suchet.

Wir müssen zuerst durch’s Dorf, und auf der gegenüberliegenden Seite den Hang hoch. Wir kommen direkt am See vorbei – die Versuchung ist zu gross, und wir gehen noch schnell etwas planschen.

Ein Gruss an  Pegasus...

Danach geht es einen schmalen Weg unter der Eisenbahnlinie zu einer Brücke mit einer Stufe davor. Calanda lässt sich bitten; ich steige ab und gehe voran, Mügi folgt. Eigentlich denke ich, dass sich A. direkt anhängt; aber  Lucero verweigert ebenfalls. A. steigt ab, geht voran, Lucero macht seinen üblichen Satz nach vorne, an A. vorbei, Amber folgt ebenso hektisch, und drückt A. gegen das Geländer. Zum Glück ist nur das Knie geprellt, aber mir ist nicht recht, dass ich ihn da hineingelotst habe.

Nach einer kurzen Erholungspause geht es weiter. Nach dem Dorf ein steiles Weglein hinauf; zuoberst ist eine gerillte Betonplatte. Lucero, mit seinen gespikten Hufschuhen, verliert fast die Beine; die anderen drei haben mit Gummiprofil ausreichend Halt, rutschen aber auch ein wenig.

die erste Pause: anscheinend haben alle Pferde ihre guten Manieren vergessen, und wälzen sich nacheinander mitsamt Sattel und Packung surprise A. offeriert herrlich süsse, sonnengereifte, zermanschte Erdbeeren aus der Satteltasche...

Nun geht es weiter, zwischen lichtdurchfluteten Weiden hindurch. Lucero zackelt; wir nehmen die erste Gelegenheit für einen kurzen Bergtrab wahr. Danach hat er sich ein bisschen abreagiert, aber die Nervigkeit (sorry, die Hypermotivation cool ) kommt immer wieder durch. 

Unser Ziel ist Le Suchet. Wir müssen von 1040 müM hinunter ins Tal, südlich an  Vallorbe vorbei, dann von 640 müM wieder auf 1350 müM hinauf. Leider ist relativ viel Teer zu bewältigen; die Wanderweg-Planer müssten hier schon einmal über die Bücher und mit den Gemeinden verhandeln… in dieser Gegend wäre Besseres möglich.

Es ist heiss. Romain Môtier- Lignerolle, dann beginnt der Anstieg. Zuerst noch ganz sanft, aber dann wird es so steil, dass sogar ich absteige, und auf‘s Schweiftaxi übergehe. Mügi hasst das, aber sie zieht mich doch brav mit, und ich versuche, ihr so wenig Gewicht wie möglich anzuhängen. Für einmal scheint sie mir die Stärkere; Calanda schwitzt und schnauft ohne Last ebenso stark wie sie. Der ungestüme Lucero schlägt ein Tempo an, das mir für die Stuten zu hoch ist. Ich will meine Pferde brauchen, nicht verbrauchen, und motze wieder einmal... nach einiger Zeit haben wir doch, durch regelmässige Verschnaufpausen, einen halbwegs gemeinsamen Nenner gefunden.

In den letzten zwei Stunden gehen zahllose  sms zwischen mir und Hippo hin und her, für einen Anruf ist das Netz zu schwach. Ihre Gruppe macht in unserer Unterkunft Rast, muss aber noch dreieinhalb km weiter, zu ihrer Hütte (wo kein Platz für die Pferde war). Wir haben noch einige km vor uns, der Weg zieht sich, und so muss sie in die Klappe (sie schläft, wie wir, in einem Massenlager, und "muss" sich der Gruppe anpassen), ohne dass wir uns gesehen, oder wenigstens telefoniert haben.

Wir kommen pünktlich bei Sonnenuntergang an.

Wir satteln ab, und entlassen die Pferde nach dem hafern auf die Weide, wo schon zwei andere Gäste sind, zwei Fribis. Die beiden sind zwar beschlagen, aber die Weide ist riesig, und wir vertrauen auf die soziale Kompetenz unserer Tiere.

Amber schafft sogleich Ordnung und separiert unsere Pferde von den beiden fremden, friedlich aber bestimmt. Das wird sie bis zum Morgen beibehalten, die Pferde sind zwar beisammen, aber immer sortiert.

Wir nehmen zum Abendessen am Tisch der beiden anderen Reiter Platz – was wir fast wieder bereuen… der eine, stolz wie ein Spanier auf seine beiden Füchse, erzählt pausenlos von seinen beiden Tieren und seinem dritten Pferd, einem Traber, und er hält mir ständig wieder sein Handy mit Fotos unter die Nase. Eigentlich hätten wir beide gerne in Ruhe unseren Käsetoast geniessen wollen…

 

Sonntag

Die Pferde verbringen anscheinend eine ruhige Nacht, stehen morgens um sieben am Zaun oben und dösen.

Ich würde gerne zeitig aufbrechen, aber A. hatte gestern in der Hitze recht Mühe, und ich lasse ihn ausschlafen – heiss wird es so oder so werden. Nach einem gemütlichen Frühstück holen wir die Pferde, die inzwischen in der untersten Ecke der über 400m langen Weide stehen: Strick um die Nase, vom Brunnenrand aufsteigen, und im Zotteltrab geht’s mit der ganzen Herde im Schlepptau nach oben.

Dann satteln wir...

 

-- eeek, was ist denn da unten? Schweine!!! --

...und reiten um elf Uhr los.

Die heutige Strecke führt uns nördlich von Vallorbe nach Le Pont zurück. Sie entschädigt uns für den gestrigen Tag; wir haben kaum Teer, viel Wald, und schöne Aussicht.

Bald begegnen wir einer einsamen Fribistute mit ihrem Fohlen. Der Reiter von gestern hat von ihr erzählt; sein Pferd wurde von der Stute geschlagen, als er beim Tor absteigen musste…  die zwei begleiten uns durch die ganze Weide. Der kleine Hengst, kaum einen Monat alt, lässt seinen Brunstschrei ertönen und macht sich daran, die Stuten zu erobern; die nehmen es gelassen, und Mama begleitet ihren Junior ohne jede Aufdringlichkeit oder Aggression. Beim Gatter steigen wir beide ab, A. kümmert sich um das Tor, und ich werfe Mutter und Sohn ohne Schwung je einen Kiesel an die Brust. Dies überzeugt beide, dass es bei uns nicht weiter lustig ist, und sie zotteln beleidigt davon.

Die nächste Pause ist früher, als geplant: mir hat sich beim aufsteigen die Sicherung des GPS gelöst, und ich muss einen halben Kilometer zurück, um es zu suchen. Askja hilft mir, wie immer - erfolgreich... Die Pferde leisten inzwisichen A. beim Zvieri Gesellschaft.

 

die Dent de Vaulion: eine markante, von weitem sichtbare Felsnase

Der Grenzzaun zu Frankreich... wink

Die Nähe der Grenze zwingt uns auch heute ins Tal hinunter, aber Ab-und Wiederaufstieg sind erträglich. Eigentlich wäre die Hitze auszuhalten, aber wir haben es irgendwie verpasst, unsere Wasserflaschen rechtzeitig zu füllen. Wenigstens gibt es genügend Weidebrunnen, so dass die Tiere genug Wasser finden. Immer wieder glauben wir, ein Bergrestaurant zu sehen – Sonnenschirme, Leute an den Tischen - aber das sind alles private Pfingstfeiern, keine Beizen... So konzentrieren wir unsere Begehrlichkeit  auf eine Quelle, die sowohl im GPS als auch auf der Karte eingetragen ist, la Fontaine Carrée. Wenn die so bedeutsam ist, wird es da wohl ein Rinnsal mit trinkbarem Wasser geben… Die Stelle ist 30m unterhalb des Wegs, unter einer Felswand. Inzwischen haben wir wirklich Durst – aber der Brunnen stellt sich als ein kleines Sumpfloch heraus, das wir nur dank dem GPS lokalisieren können…

Kurz vor der Unterkunft können wir beim Wasserhahn am Friedhof unseren Durst doch noch stillen. Wir satteln ab, und gehen in der Abendsonne noch einmal zum See, um zu planschen. Ich freue mich, nun endlich Hippo zu sehen, aber sie ist von der Hitze und der Strecke ebenso erschöpft wie gestern, und hat mit ihrer Gruppe schon gegessen…  

wir lassen die Pferde auf die Weide, sorgen noch dafür, dass sie genug Gras haben (und nicht nur auf einem abgefressenen Weidlein ein paar Handvoll Heu vorgelegt bekommen – die Gastgeberin ist fast schockiert, als wir von 10kg Heu pro Pferd und Tag reden) und gehen dann richtig fein essen.

was ist denn da drüben los?

wartet auf mich!!!

ein Schwätzchen am Abend...

Nach unserem Nachtessen gibt es noch Hafer – Calanda stürzt sich darauf, und bastelt doch tatsächlich eine Schlundanschoppung! Husten, würgen, Speicheln, verkrampfter Hals… das Bild ist eindeutig. Ich massiere ihr ein paar Minuten lang die Speiseröhre, aber ohne Erfolg. So sucht mir A. die Telefon-Nr. des Dorftierarztes heraus, und ich darf am Pfingstsonntag kurz vor elf Uhr nachts das benötigte Medikament bei ihm abholen. Calanda hat keine Freude an mir, aber das Medikament wirkt bald, und sie entspannt sich.

 

Montag

Tagwache um sieben; Calanda frisst, wie die andern, friedlich Gras, und wir können uns auf den dritten Tag freuen. Nach dem Frühstück bringen wir die Hänger ans andere Ende des Lac de Joux, nach Le Brassus, und fahren mit dem Zug zurück. Der Zug hält genau eine Minute in Le Pont, und beim Aussteigen treffen wir nun endlich Hippo, die einsteigt, um nach Hause zu fahren… ich kann sie nicht mehr überreden, nun doch mit uns zu reiten, sie ist zu kaputt. Schade!

Wir satteln und reiten um elf los.

Erst unterwegs merke ich, dass ich meine Kappe im Auto gelassen  habe – auch heute ist wieder Sonnenstichwetter… zuerst leere ich mir zum kühlen immer wieder Wasser über die Haare, bis mir in den Sinn kommt, dass ich ja noch die Regenjacke in der Satteltasche habe. Ich kann die Kapuze abnehmen, und zur Mütze zusammenziehen. Das sieht zwar schrecklich aus, wie eine Duschhaube – aber Gesundheit vor Schönheit…

Lucero ist wieder aufgezogen, und bei einem Törchen macht er sich selbständig und spielt Fangis mit A. Es sind nicht beide Spieler mit derselben Begeisterung dabei… wink

Der Weg geht fast nur über Weiden, es ist traumhaft schön, und wir geniessen einen langen Galopp. 

Die Rinder sind noch nicht lange auf der Weide, sie sind neugierig und kommen im Galopp daher, um uns zu bestaunen und zu begleiten. Fies, dass wir irgendwann das Törchen schliessen und sie zurück lassen…

Törchen- und Fresspause: Mügi flirtet mit A.

Da Calanda heute etwas "klebrig" ist, üben wir, uns von A.'s Pferden zu trennen und wieder zusammen zu kommen. Ab und zu bietet sich dabei auf der Weide ein kurzes Galöppchen an, und wir nehmen die Gelegenheiten wahr... zehn Minuten später bemerke ich, dass ein Hufschuh fehlt, und ich reite mit meinen beiden Stuten zurück. Askja findet und bringt ihn, und wir schliessen uns den anderen Pferden in der Fresspause an. 

Wir wollen langsam weiter - Askja macht sich nützlich...

Heute haben wir genug Wasser dabei, so dass wir den Weg auf dem Mont Tendre über endlose Weiden voll geniessen können.

Es ist auf 1500 müM auch nicht so heiss, wie die letzten beiden Tage.  Da wir auch heute kein Restaurant antreffen, fragen wir bei einer Alphütte, und können unsere Flaschen auffüllen. Ich ärgere mich ein wenig, dass uns das gestern nicht eingefallen ist…

Die Pferde nutzen den Moment für ein Schläfchen

 

Wieder ein Törchen: Mügi macht sich schon mal auf den Weg...

Die Landschaft ist alles andere als langweilig...

...aber wir bleiben gerne auf dem Weg, als ich neben dem Weg eine Huf- breite Felsspalte entdecke.

Inzwischen ist der Himmel bedeckt, und die Temperatur recht angenehm. Die Pferde sind gewiss nicht mehr überstellig, aber ganz sicher auch nicht erschöpft. Mügi, als Handpferd, bleibt plötzlich stehen. Ich fordere sie auf, weiter zu gehen, aber sie bleibt wieder stehen. Ich halte an, in der Annahme, das sie harnen muss, und schaue zurück: sie nimmt den Kopf hoch, Angst in den Augen, und schwankt... was um himmelswillen ist los mit ihr, kollabiert sie??? Ich springe ab und eile nach hinten - und sehe, dass der schwere Westernsattel auf die rechte Seite heruntergerutscht ist, und dass sie das Vorgeschirr zwischen den Beinen aus dem Gleichgewicht bringt... glücklich schiebe ich den Sattel wieder zurecht, ziehe die Gurte an, und Mügi ist wieder gesund. cheeky

 

Der Abstieg ins Tal ist so sanft,  dass wir fast erstaunt sind, schon unten zu sein. Wir kommen bei Sonnenuntergang bei den Hängern an – nach einem traumhaften Tag. Wir haben Glück gehabt, in Le Pont vorne ist offenbar ein Gewitter heruntergegangen - wir hatten keinen Tropfen. Auch auf der Heimfahrt kommen wir nur kurz in einen Regenschauer, sonst verläuft die Fahrt angenehm, und die Pferde kommen gut nach Hause.

Nächste Woche gibt's Bürodienst... frown

 

 

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