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Mügi

Die Jugend eines Wanderreitpferdes

zu den Photos (bitte etwas Geduld beim Hochladen)       

Mügi (eigentlich Muguette, das Maiglöckchen) habe ich mit 7 Monaten als Absetzer gekauft. Durch den sehr trockenen Sommer 2003 hatte sie beidseitig Bockhufe entwickelt. Ich brachte sie auf eine Fohlenweide, und bat die Betreiberin, so bald wie möglich den Hufschmied zu bestellen, damit das Fohlen Korrektur-Schuhe angeklebt bekommen sollte.

2 Monate später war noch nichts geschehen, Wenn ich nachfragte, bekam ich jedes Mal die Auskunft, der Schmied sei informiert. Schliesslich musste er die Schuhe erst noch bestellen, und endlich, mit 10 Monaten waren die Hufe behandelt. Drei wertvolle Monate waren verpasst worden, in denen die Hufe noch gut formbar gewesen wären...

Leider war die Betreuung auch sonst nicht besonders gut. Der Betreiberin war nach dem Dürrejahr ganz offensichtlich das Heu zu teuer. Gegen den Jahreswechsel hin waren alle Fohlen abgemagert, und einige zeigten hinten einen sehr seltsamen Gang. Ein Fohlen war besonders krass: es führte das Bein nach vorne, stoppte in der Luft, führte den Fuss wieder nach hinten, und setzte erst dann ab. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Wir fanden heraus, dass es, wie auch Mügi (und wohl alle andern) an Selenmangel litten, und ausserdem verwurmt waren. Zum Glück hatte ich Mügi vor der Fohlenweide noch ein Selen-Depot gegeben, dadurch hatte sie noch keine erkennbaren Schäden. Wir setzten uns an den Tisch und besprachen die Fütterung. Die Frau schien verstanden zu haben, wollte eine zusätzliche Wurmkur machen und ab nun wesentlich mehr Heu geben. Ich vertraute ihr und kam aus Zeitgründen in den nächsten zwei, drei Monaten nicht mehr vorbei - und musste im Frühling ein völlig abgemagertes Fohlen mit nach Hause nehmen.

Die Hufstellung hatte sich inzwischen gebessert, und war zumindest nicht mehr auffällig. Auf der Alp besserte sich auch der Allgemeinzustend, und im Spätsommer fiel Mügi gegen die anderen Jährlinge nicht mehr so krass ab, wie bei der Auffuhr. Ich hatte inzwischen eine andere Fohlenweide empfohlen bekommen, und brachte sie im Herbst dahin. Leider hatte dieser Mann eine Phobie, dass man ihm nachsagen könnte, dass er nicht genug fütterte. So hatte ich Mitte Winter ein Mastschweinchen...

Als ich Mügi im Frühling wieder für die Sömmerung abholte, sagte er beim einladen so nebenbei: "ach ja, sie haben noch etwas gestrengelt..." (Strengel = Druse) Ich hatte bei all meinen Besuchen nie Anzeichen der Druse bei den übrigen Fohlen gesehen, nur Mügi hatte ganz wenig milchigen Nasenausfluss und ein leichtes Atemgeräusch. Erst viel später verstand ich: er hatte mir auch beim Abschied  erzählt, dass er die Fohlen gegen Flechten geimpft hatte (ohne zu fragen, oder mir das zu dem Zeitpunkt mitzuteilen), und ich bin heute überzeugt, dass er die Fohlen auch  mit Antibiotika gegen die Druse behandelt hat, um sich nicht mit entsetzten Pferdebesitzern auseinandersetzen zu müssen. Leider können die meisten Leute die Druse nicht als Kinderkrankheit akzeptieren, und behandeln sie - sprich, unterdrücken sie. Dadurch entsteht ein hohes Risiko, dass die Abszesse nicht abheilen, sondern abgekapselt liegen bleiben.

Nun, Mügi wurde dreijährig, hatte Zahnwechselprobleme, die sich aber rechtzeitig lösen liessen. Sie wurde kurz an Sattel und Reitergewicht gewöhnt, und ging wieder auf die Alp. im Herbst wollte ich mit leichter Arbeit weiterfahren, merkte jedoch, dass sie beim Aufsteigen auszuweichen begann. Also suchte ich nach einem neuen Sattel, und nahm sie mehrheitlich als Handpferd mit - ich wollte sowieso noch nicht viel mit ihr machen. Im Laufe des Winters bemerkte ich, wie sie die Hinterhand nicht mehr mitnehmen konnte, und bei verstärktem Trab hinten rechts deutlich lahmte (Hangbeinlahmheit). Auch fiel mir immer mehr auf, dass der Trab immer kürzer wurde; sie griff gar nicht mehr richtg nach vorne aus. Ein Osteopath fand und behandelte eine Blockade im Kreuz.

Im Mai, vier jährig, kam sie als Packpferd mit leichtem Gepäck zwei Wochen in den Jura mit; dafür bekam sie ihr erstes Beschläg. Danach durfte sie auch wieder auf die Alp, also Eisen weg. Im Herbst fand ich endlich einen Sattler, der mir einen einigermassen passenden Sattel liefern konnte. Damit lief sie schön - aber Ende Winter, drei Jahre nach der Druse auf der Fohlenweide, schwoll ein Mandibularlymphknoten an und entleerte sich - ein Rückfall! Der Lymphknoten war die ganzen Jahre ein wenig vergrössert geblieben, weil die Krankheit damals nicht richtig ausgeheilt war. Bemerkenswerterweise steckte sich kein anderes meiner Pferde an, obwhl drei Tage lang der Eiter tropfte. Wir seuchten die Krankheit durch, und alles sah gut aus, bis ich im April bemerkte, dass Mügi auffallend oft und lange lag. Als sie dann anfing, minutenlang in Streckstellung zu stehen, wusste ich, wo ich suchen musste: und tatsächlich fand ich einen fussballgrossen Abszess in der Bauchhöhle - ebenfalls ein netter Gruss von der Druse. Nach intensiver Behandlung kam im Spätherbst endlich wieder Leben in dieses Pferd, und sie kam im Oktober - wieder als Handpferd - ins Engadin mit.

Nun endlich hatte ich ein Pferd, das ich langsam richtig anreiten konnte. Bis dahin (fünfeinhalbjährig) war ich noch keine dreissig Stunden in ihrem Sattel gewesen. Doch wieder zeigte sich die leichte Unregelmässigkeit hinten rechts, die man nicht sah, sondern nur ganz minim spürte. Da sie auf der Weide recht fröhlich umherbocken konnte, baute ich sie dennoch langsam auf, und ging im Frühling (6-jährig) in den Französischen Jura. Mügi war wieder Packpferd, in der zweiten Hälfte der Ferien wollte ich jeweils Pferde wechseln, und auch sie stundenweise reiten. Doch dazu kam es nicht mehr - nach zehn Tagen ein Einbruch, Mügi entwickelte innert Stunden 40.5° Fieber, und ich reiste nach Hause.

Das Immunsystem war völlig am Boden, aber es war zum Glück kein neuer Druse-Schub. Also anderthalb Monate Pause, dann war ein Kurs bei Ina Cygon (einer Nachfolgerin von Rolf Becher), an dem ich gerne teilgenommen hätte. Ich versprach mir von ihrer Reitweise eine wohltuende Wirkung auf Mügis Rücken. Aber es war zu viel, ich musste sie ständig für mein Gefühl über ihrem Tempo reiten: zum ersten Mal spürte ich die verkürzte Bewegung des Hinterbeins nicht nur, sondern sah sie auch. Am vierten Tag des Kurses Lustlosigkeit, 38.5° Fieber am Morgen früh - Abbruch, Heimreise.

Nun konsultierte ich eine Osteopathin. Sie meinte, dass die Blockade hinten rechts nicht vom Bewegungsapparat aus käme, sondern noch Folge der Verklebungen in der Bauchhöhle seien, die von dem Druse-Abszess übriggeblieben seien. Angesichts der Grösse dieses Abszesses war dies ja mehr als einleuchtend - ehrlich gesagt, es hätte mich mehr verwundert, wenn da alles ohne Rückstände abgeheilt wäre. Die Behandlungen taten ihr jedenfalls gut, und Mügi war nun (sechseinhalb jährig) top fit. Nur eben, die Bewegungsstörung war immer noch da... im Herbst, nach einem Viertagesritt im Napf, den sie in Topform geleistet hatte, gingen wir eine Woche später noch ins Engadin, an einen Aguilar-Kurs. Erster Tag ok, aber am zweiten Tag war sie völlig müde, und frass nichts mehr, ausser Gras. Fieber hatte sie keines, aber jetzt wurden doch endlich die Symptome klar, als sie mich anrülpste: Gastritis. Nach ein paar gemütlichen Tagen (spazieren und grasen) konnten wir wenigstens am letzten Tag noch einen schönen Ausritt machen, dann ging's wieder nach Hause.     

Bald hatte sie sich wieder erholt. Im Winter kam sie meistens als Handpferd mit. Ich hatte die Pferde inzwischen auf barhuf umgestellt. Anfangs liefen sie ohne Schuhe ziemlich schlecht, aber gegen Ende des Winters waren die Hufe beider Pferde so stark geworden, dass ich immer öfter ohne Schuhe ausreiten konnte. Lange Zeit lag Schnee, und wir machten viele lange wunderschöne Schneegaloppaden. Meist kam sie an der Hand mit und zeigte ihre Lebensfreude (wüüülder Araber!), aber sie zeigte auch unter dem Sattel die allerersten fröhlichen Bocksprünge in ihrem Leben. Und das Schönste: sie begann endlich wieder zu traben, und nicht mehr nur in den Boden hineinzustaksen. 

Wir konnten wieder Pläne für den Frühling schmieden...

Aber der Frühling kam, und Mügi war müde. Als Handpferd musste ich sie fast nachziehen, und beim reiten treiben - das war nicht das Mügi, das ich kannte. Endlich kam ich auf die Idee, nochmals nach Blutparasiten zu suchen, obwohl sie nach dem abgebrochenen Wanderritt in Frankreich negativ gewesen war. Und tatsächlich war sie jetzt positiv auf Babesiose, eine durch Zecken übertragene Krankheit. Ich hatte vor einem Jahr danach gesucht - aber es war noch zu früh nach der Infektion gewesen; sie hatte da noch keine Antikörper, und im Blutausstrich hatte man damals auch nichts gefunden. Ausserdem war sie nun auch noch positiv auf Borna; ein Virus, das beim Menschen für das "chronic fatigue syndrome" mitverantwortlich gemacht wird. Chronisch müde - ja, genau das war sie... willig, aber ohne jede Kraft und Ausdauer. Nach der Behandlung beider Krankheiten war sie konditionsmässig natürlich nicht bereit für den Mai-Ritt, und so blieb sie zuhause.

Der Sommer ging vorüber, Mügi wurde regelmässig bewegt - aber das Temperament, das sie bisher nur immer kurze Zeit an den Tag gelegt hatte, kam nicht wieder. Im Herbst wollte ich wieder in die Berge - es war Zeit, sich zu überlegen, wie es mit meinen Pferden weitergehen sollte. Wenn Mügi krank sein wollte, so sollte sie das tun dürfen und zuhause bleiben - aber ich wollte wanderreiten.

Ich hatte im Jura eine zweieinhalbjährige Ponystute auf der Weide: bis ich die das erste Mal richtig einsetzen konnte, würden noch 3 Jahre vergehen. Diala war schon 18-jährig, und hatte im Sommer im Wallis gezeigt, dass sie an schweren Touren nicht mehr so Spass hatte, wie früher. Also hatte ich ein "Loch" von 3-5 Jahren vor mir, wo ich wegen den Pferden keine grossen Ritte  machen konnte - aber die Jahre, in denen ich selber in der Lage sein würde, diese zu machen, waren bereits gezählt... so entschloss ich mich, das Fohlen einer Freundin zu verkaufen, und fuhr am gleichen Wochenende ins Welsche, um eine 12-jährige Freibergerstute anzuschauen. Und seit dem Tag im Sommer 2011, wo diese - Calanda - bei mir eingezogen ist, geht es Mügi blendend! Obwohl sie's noch manchmal spannend macht, hat sie mich bis heute (2014) nicht mehr im Stich gelassen, und hat alle Ritte in bester Verfassung durchgestanden. 

 

 

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