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Schwarzwald April 2013 

Vorgeschichte

Einmal mehr ist es Frühling - Wanderrittzeit! Und einmal mehr habe ich keine Ahnung, wohin es gehen soll. Ich weiss nicht einmal genau, wann ich Ferien habe...

Ich habe im November einen Kurs gebucht, zehn Tage im Schwarzwald. Eigentlich sind es zwei Kurse: zuerst drei Tage Physik, und dann eine Woche spezifische Ausbildung am Tier. Die Kurse sollen im April stattfinden. Eigentlich ist das nicht meine bevorzugte Ferienzeit, aber dann halt... ich werde die Pferde mitnehmen, werde an den Abenden ganz normale Ausritte machen, und nach dem Kurs dann einen grösseren Ritt machen. 

Ende Januar steht noch nicht fest, dass der Kurs stattfindet, und Ende Februar immer noch nicht. Zu wenige Teilnehmer; acht Leute müssten es sein. Falls er nicht stattfindet, werde ich im Mai Ferien machen, und endlich einmal in die Vogesen fahren.

Anfangs März will sich die Organisatorin des Kurses immer noch nicht festlegen. Ein paar Tage nach meiner Anfrage bekomme ich einen Anruf von ihr: die ersten drei Tage finden nicht statt, bzw. ich muss dafür nach Köln fahren, und dann den zweiten Kurs im Schwarzwald machen. Den spezifischen Teil darf ich nur besuchen, wenn ich den Physikteil absolviert habe; die anderen Teilnehmer hätten den im Januar gemacht... Jetzt werde ich ein bisschen grantig, denn hätte ich das vorher gewusst, hätte ich auch den Januar-Kurs belegt. 

Ok. Ich schreibe der Geschäftsleitung einen - hm - netten Brief; schliesslich gibt es Leute, die von sich in ihrer Ferienplanung nach mir richten müssen. Meine Mitarbeiterin kann sich bereits jetzt ihre jährliche Wellness-Woche im Schwarzwald ans Bein streichen, weil ihre Freundinnen nicht so flexibel sein können, und ihre Ferien schon früh im Jahr eingeben mussten. Ärgerlich, wenn sie nun umsonst zuhause sitzen müsste, weil der Kurs doch flach fällt... Und wenn ich nach Köln fahren müsste, kann ich die Pferde nicht mitnehmen.

Ein paar Tage später ruft der Kursleiter selber an. Ich teile ihm mit, dass ich immerhin eine Matur und ein naturwissenschaftliches Studium mit Physikprüfung hinter mir hätte, und dass ich nicht unbedingt das Gefühl hätte, ohne den Grundkurs dem Unterricht nicht folgen zu können... (hoppla - mir fällt gerade ein, dass ich wohl zu erwähnen vergass, wie lausig ich bei beiden Gelegenheiten in Physik abgeschnitten habe... Verlegen ) Er gesteht mir zu, den Stoff im Selbststudium zu erarbeiten, und verspricht mir, sein Buch zuzuschicken, damit ich die abschliessende Prüfung schaffen könne.

Ende März, knappe drei Wochen vor Kursbeginn, bekomme ich nun endlich die definitive Zusage, dass er durchgeführt wird. Also: Wanderritt im Schwarzwald, das steht nun endlich fest! Ich bestelle sogleich die entsprechenden Karten - aber das Landesvermessungsamt mahlt wie alle staatlichen Mühlen langsam, die Karten kommen erst am am letzten Arbeitstag vor meiner Abreise an. Egal, sie sind da... nur eine fehlt: genau die von der Wutachschlucht, meinem ersten Ziel.

Am Tag der Abreise beklebe ich meine Pferdehufe noch mit Haftschalen von Renegade. Es ist ein Experiment; sollte ich sie vorzeitig verlieren (und damit rechne ich schon ein bisschen), kann ich sie jederzeit durch die anschnallbaren Hufschuhe ersetzen, da die Sohlen der beiden Modelle identisch sind. Zum Glück ist es nach dem kalten, nassen Vorfrühling endlich ein sonniger Tag; ich kann trocken arbeiten, die Temperatur ist optimal, und die Kleberei gelingt perfekt.

Dann endlich kann ich die Pferde einladen und losfahren...

 

Die Ferien

Ich komme im Lenzkirch an, und bekomme auf dem Kreuzhof grosse Aussenboxen für die Pferde. Auf den versprochenen ganztägigen Auslauf werde ich allerdings verzichten müssen; das Wetter war auch hier garstig, die Weiden sind völlig nass, und es gibt weit und breit kein Gras. Also werde ich wirklich jeden Abend reiten gehen müssen, wenn die Pferde den ganzen Tag in der Boxe gestanden haben.

Am nächsten Tag die nächste Überraschung: unser Stundenplan. Der Unterricht endet nicht, wie schriftlich mitgeteilt, jeweils um 17.00h, sondern um 18.30h. So komme ich nicht darum herum, in die Dunkelheit hinein zu reiten. Das ist aber nicht so schlimm; es gibt schöne Strecken um den Stall herum.

Ich schaffe doch jeden Tag zwischen 15 und 20km in flottem Tempo, und komme jeweils so gegen 23h zum Stall zurück. Zum Glück ist Andrea, die Stallbetreiberin diesbezüglich tolerant; viele Ställe haben ja festgelegte Nutzungszeiten... 

Auf 1000m oben liegt noch Schnee, und am Mittwoch schneit es noch einmal in tiefere Lagen herunter. Die Hufschalen greifen in dem Matsch erstaunlich gut; die einzige, die regelmässig ausrutscht, bin ich. Selber schuld, warum reite ich in den Stallschuhen statt den Wanderschuhen...

Der Unterricht macht Spass, wir sind eine gute Gruppe - fünf Leute! ich bedanke mich bei der Organisatorin, dass man den Kurs dennoch durchgeführt hat. Sie lacht: der Chef wollte ihn absagen, aber sie sagte ihm, dann müsse er das dieser Schweizerin beibringen, sie getraue sich nicht mehr, mich anzurufen!

Das Wetter ist nun endlich gut, es ist Frühling, der Boden trocknet, und ich darf die Pferde tagsüber auf eine Weide bringen. So kann ich sie mit gutem Gewissen zwei Tage "stehen" lassen, damit ich mich an den Abenden wenigstens noch einigermassen auf meine Prüfung am Samstag vorbereiten kann (denn natürlich konnte ich zuhause nicht das ganze Physikbüchlein durcharbeiten). 

Die Prüfung gelingt, und nun steht längeren Ritten nichts mehr im Wege. Am Sonntag fahre ich noch schnell nach Hause und hole meinen Hund, und dann habe ich endlich Zeit, mich um Karten und Routen zu kümmern.

Mittlerweise habe ich das ganze Gebiet rings um die Wutachschlucht abgegrast: es ist eine sehr schöne Gegend, viele gute Wege, endlose Trab- und Galoppstrecken. Wenn ich hier leben würde, würde ich wohl Distanzritte machen...

Die Pferde sind motiviert und laufen sehr gut mit den Klebeschalen. Mir gefällt, dass an den Ballen nichts scheuern kann. Mügi habe ich noch selten so frei traben gesehen wie jetzt. 

Aber sobald wir von den Wirtschaftswegen weggehen, wird es wirklich nass. Ich zögere, die Pferde auf dieser Sumpfwiese grasen zu lassen - aber es gibt keine trockenen Wieslein...

Askja folgt dem Beispiel der Wildschweine und suhlt sich genüsslich. 

Eigentlich habe ich für Mügi den (vom Sattler angepassten) Dressursattel mitgenommen. Aber ich hatte nicht den Mut, ihn für die langen Ritte aufzulegen; auch wenn der Westernsattel (vom gleichen, wie auch von einem andern Sattler) als zu lang und nur einigermassen passend beurteilt wurde, so hatte ich doch mit ihm noch nie ein Problem. Wenn Mügi irgendwann einmal einen Bocksprung, oder beim antraben einen Hüpfer macht, dann immer nur mit den Dressursattel (die Entscheidung war richtig: Mügis Rücken war bis zum letzten Tag einwandfrei).

Calanda trägt Diala's altbewährten Trachtensattel, der sich ja dank den beweglichen und verstellbaren Panels fast jedem Rücken (ausser dem von Mügi) anpassen lässt 

Ich bleibe noch in Lenzkirch und mache einige Tagesritte rings um die Wutach. Die Wutachschlucht selber ist für Pferde nicht begehbar, aber sonst ist da genug Platz.... einmal gerate ich in ein nur einseitig ausgeschildertes Reitverbot, aber da ich niemandem begegne, habe ich wohl auch niemanden gestört. Ich kann mir aber vorstellen, wie viele Wanderer hier im Sommer unterwegs sein werden, die Gegend ist wirklich schön. 

 

Die Tage sind mit reiten ausgefüllt, und irgendwann sollte ich endlich die weiteren Routen planen. Aber nach dem Nachtessen schlafe ich regelmässig fast über den Karten ein... Mir fehlt dieses verflixte Wutach-Blatt, und in den örtlichen Läden bekomme ich auch nur eine Karte, die das "Loch" nur teilweise abdeckt.  Aber die ist plastifiziert - schön, dass sie damit regenfest ist, aber ich habe keinen Folienschreiber dabei. Die mit Leuchtstift eingezeichnete Route wird trotz aller Sorgfalt unterwegs verschwinden. Wenigstens habe ich von der Schulung her noch den Laptop dabei, und kann die Route da einzeichnen und auf's GPS überspielen; aber mit dem kleinen Bildschirm ist das eher mühsam, da die Übersicht fehlt. Ausserdem finde ich die deutsche digitale Karte extrem schwerfällig.  Die eine Wanderreitstation, die ich auf dem Rückweg vom Hegau ansteuern wollte, antwortet nicht; da bleibt mir nur, praktisch den gleichen Weg zurück zu reiten, und wieder auf dem gleichen Hof zu übernachten.

Das Wetter ist leider nicht mehr so schön, wie in der Kurswoche - aber wer hätte etwas anderes erwartet... aber immerhin regnet es nicht heftig, und nicht den ganzen Tag. Es reicht aber, um die Waldwege nass zu halten. Anfangs drehe ich noch um, wenn es richtig sumpfig wird, aber mit der Zeit reite ich einfach weiter und zähle danach die Hufschuhe...

Hier zeigt sich, wie durchtränkt die Waldböden sind.

Da hinten waren doch grade noch Wildschweine im Unterholz... ich habe nichts gehört oder gesehen, aber Mügi hatte einen kleinen Panikanfall. Wenn man sieht, wie viele Hochsitze in den Wäldern stehen, und wenn man die Landschäden sieht, muss es im Schwarzwald von Schwarzwild nur so wimmeln!

 

(nun ja, was für einen Fribi denn Panikanfall heisst...)

Die Wutach, Dietfurt-Brücke

Die Pferde geniessen es, dass sie nach dem reiten noch auf dem Reitplatz wälzen dürfen.

 

Der 7-Tage-Ritt

Mittwoch

Nun geht es endlich los, Richtung Hegau. Das GPS ist geladen; wir werden 7 Tage unterwegs sein, und uns im Hegau 3 Tage lang Peter und seiner Gruppe anschliessen. Vor dem abreiten ersetze ich noch Calanda's einen Hinterschuh, der angefangen hat, sich zu lösen. Ich weiss nicht, wie viele Schuhe noch folgen werden, und wie weit mein Fläschchen Aethanol zum entfetten reichen wird... deshalb gehe ich noch kurz in die Apotheke, um meinen Vorrat zu ergänzen. Doch hoppla - in Deutschland gibt es vergällten Alkohol nicht zu kaufen, nicht einmal, als ich mich als Medizinalperson ausweise... aber ich habe ja zum Glück noch genügend "Schnaps" für einige Schuhe. 

 

Die Stallegger-Brücke über die Wutach - das Wetter zeigt sich von der besten Seite.

Überall blüht der duftende Seidelbast

 

Traumhafte Graswege laden zum galoppieren ein - ich kann trotz Vollpackung nicht widerstehen. Die Pferde scheint das Gepäck nicht zu stören.

Aber im Grossen Ganzen gehen wir's gemütlich an, heute sind ca. 43km zu schaffen.

Ich nutze die letzten Sonnenstrahlen, um eine halbe Stunde vor dem Ziel noch etwas Gras fressen zu lassen, schliesslich ist es höchste Zeit, die Pferde anzuweiden. Doch bald kommt ein Anruf: ich werde vermisst; meine nächsten Gastgeber scheinen ihre Reiter früher zu erwarten, als ich anzukommen gewöhnt bin...

Auf dem Weg dahin muss ich noch einen kleinen Flusslauf, die Gauchach, furten, die kleine Brücke ist nicht für Pferde gebaut. Ich habe riesige Freude, wie sorgfältig Mügi ihre Füsschen sortiert und dann ohne zu zögern, aber dennoch im Zeitlupentempo die Böschung hinab und ins Wasser springt. Calanda lässt sich wie üblich einen Moment bitten, aber dann folgt auch sie ohne Problem.

Auf dem Bachbubenhof werde ich herzlich empfangen. Ich bekomme ein heimeliges, blitzsauberes Zimmer, und werde fürstlich bewirtet; und auch die Pferde lassen es sich gut gehen in ihren Boxen. Stefan und Elke bestätigen mir, dass die angepeilte Station für den Rückweg nicht mehr zur Verfügung steht, und geben mir ein paar Tipps für besonders schöne Strecken mit.

 

Donnerstag

Am nächsten Tag geht es bei schönstem Wetter weiter. Aus dem Unterholz leuchtet eine Kolonie Prachtbecherlinge

Der schönste Tag (abgesehen von der Schul-Woche) hier im Schwarzwald: kein Tropfen vom Morgen bis zum Abend

Ich probiere heute einmal die Variante "Karabiner am Halsriemen" aus. Ich bin zum ersten Mal gebisslos unterwegs, da ich immer das Gefühl habe, in kritischen Situationen kräftiger einwirken können zu müssen. Karabiner am Nasenriemen gefällt mir nicht, da ist zu viel ungewollte Einwirkung durch den schwingenden Strick auf die Nase. Aber unter dem Halsriemen schwitzen beide... ich werde wieder zur Variante "Karabiner am Kehlriemen" zurückkehren. Nachteil: ich kann die Pferde so nicht (mit gutem Gefühl)  anbinden; daher wird Calanda in der Gruppe wieder die Halfter bekommen.

der erste Ausblick ins Hegau

letzte Fresspause vor dem Hof Hewenblick - saftiges Gras am Wegesrand...

kleine, aber tiptope Böxlein empfangen uns. Mir ist lieber, klein und dafür draussen, als eine miefende Innenbox, wo man nur den Mist etwas überstreut hat - was leider nicht selten vorkommt. Ich wohne gleich daneben in einem Wohnwagen: einfach, aber ganz ok.

 

Freitag

Morgens um sieben gibt's Heu: Peters Gruppe ist pünktlich, und wir reiten zeitig los.

Im Hegau ist die Vegetation (natürlich) weiter fortgeschritten als im Schwarzwald. Ich geniesse dieses Licht, die Farben, die Vogelstimmen, die Gerüche des feuchten Waldbodens - endlich ist Frühling... 

da die vorderen Reiter immer wieder mal Positionswechsel machen, und weil Mügi ganz offensichtlich die Füchse fürchtet, aber auch den Schimmeln nicht wirklich traut, reiten wir ganz gemütlich zuhinterst. Askja ist etwas desorientiert: sie geht am liebsten zuvorderst, und trotzdem sucht sie immer wieder den Kontakt zu uns.  

Rast in einem kleinen Tierpark, der Lochmühle.

Grosse Aufregung, als ein Lama des Wegs kommt und die Pferde besichtigen will. Günter's Hund liefert sich beim wegreiten mit dem Tier ein Fangis-Spiel um die Autos herum: mal verfolgt der Hund das Lama, mal das Lama den Hund... herrlich.  Am Ende des Tierparks fliehen zwei Schafe vor unserer Gruppe her; sie sind aus ihrem Gehege ausgebrochen. Das eine dreht um, und rennt ebenso panisch auf seine Herde und somit auf uns zu... das ist zu viel für die nervenstarken Karabachen und Araber vorne. Die vier wenden ebenfalls und preschen auf uns zu, an uns vorbei. Meine zwei Fribis, die zwar den Sinn der Aufregung nicht ganz verstehen, wenden solidarisch mit - sie halten zwar sofort wieder an, aber Mügi hat sich bei dem Spin elegant aus dem ersten Hufschuh herausgedreht. Sie ist in guter Gesellschaft: insgesamt stehen da noch einige Hufschuhe unterschiedlichen Fabrikates einsam auf der Strasse...

Ich packe meinen ersten Ersatzschuh aus, und als alle Pferde wieder beschuht sind, geht es weiter. Immerhin weiss ich nun, dass ich beide Pferde auch gebisslos jederzeit problemlos stoppen kann.

Durch das malerische Krebsbachtal geht es weiter.

Peter, an der Spitze, reitet plaudernd auf einen querliegenden Baum zu. "Schaut mal, was jetzt passiert..." aber irgendwie reagiert sein Issykul  nicht so, wie erwartet - er passt ja bestens unter dem Stamm durch! Peter hält sich am Baum fest, macht natürlich einen Abgang über die Kruppe, lässt los, der Baum schnellt zurück, und die andern drei Pferde starten wieder durch, auf uns zu... Günters Pferd kann ich zwischen meinen beiden abfangen, dadurch ist die Massenflucht schnell wieder gestoppt. Wieder sind ein paar Hufschuhe geflogen aber meine halten. Peter hat sich leicht verletzt, aber er beisst die Zähne zusammen, ein Indianer kennt keinen Schmerz...

Mügi möchte eigentlich auch trinken, aber sie hat Angst vor den Herren...

Das Wetter hält sich einigermassen; erst gegen Abend kommt der Regen. Dennoch dürfen die Pferde noch ein Stündchen auf die Weide. Eine Massenfallsucht setzt ein... alle 6 Pferde wälzen sich genüsslich und ausgiebig, bevor sie anfangen, sich mit dem üppigen jungen Gras die Bäuche vollzuschlagen. Ich bin froh, dass ich bisher jede Gelegenheit genutzt habe, die Pferde grasen zu lassen...

Da ich meine Fribis als Weicheier deklarierewink, dürfen sie zusammen in eine geräumige Box; die andern Pferde sind draussen im Roundpen unter einem Zeltdach. Aber mir ist es doch lieber so, da ich bei Mügi nie weiss, wie belastungsfähig ihre Gesundheit tatsächlich ist. Zu oft schon glaubte ich, sie sei stabil, und musste dann vorzeitig heim reisen...

Askja wird auf dem Hof zweimal von einer riesigen Dogge angefallen und verschüttelt, trotz einer eigentlich freundlich verlaufenen ersten Begegnung. Ich bin ein bisschen gallig, denn mein Hund war beide Male angeleint und nahe bei mir, die Dogge beide Male in der Nähe des Besitzers und doch nicht unter Kontrolle. Natürlich ist Askja in ihr Revier eingedrungen, und eigentlich hätten wir Bescheid bekommen, dass Hunde nicht willkommen sind, wenn Peter sie mit angemeldet hätte. Trotzdem... die paar Löcher, die sie hat, sind nicht tragisch, ich habe Antibiotika bei mir. Aber ich weiss nicht, wie sie in Zukunft auf mürrische Hunde reagieren wird? Bisher hatte ich in der Hinsicht nie Probleme mit ihr - aber wird sie nun zukünftig prophylaktisch angreifen? Werde ich sie unter Kontrolle behalten können, wenn sie im Verkehr an einem unfreundlichen Hund vorbei muss, oder wird sie mir grossräumig ausbrechen???

Ich gehe zu den Pferden und fange an, deren gesamte Winterwolle herauszubürsten, um nicht meine miese Laune auf die Gruppe zu übertragen. Mit den Pferden zu plaudern tut mir wie immer gut, bald bin ich wieder relativ friedlich gestimmt...

 

Samstag

Es regnet. Zwar mässig, aber dafür regelmässig. Wir sind ja gut ausgerüset, so ist das Wetter höchstens ein bisschen enttäuschend, aber nicht  wirklich ungemütlich. Peter spielt den Gentleman und nimmt es auf sich, den Weg von Elektrozäunen und Baumstämmen frei zumachen. Nach einem steilen Aufstieg stellen wir fest, dass die alte Holzbrücke über den Bach ohne Risiko für uns nicht passierbar ist. Sie führt über ein kleines Tobel - also müssen wir dem Bach entlang  wieder hinabsteigen und ihn weiter unten queren, wo die Ufer nicht mehr so steil sind. Bäume liegen im Weg; Peter's Fuchsschwanz kommt zum Einsatz, und bald ist der Weg wieder frei.

Ich habe ein kleines Problemchen: Peter macht oft kurze Fresspausen, wenn er die Karte anschaut, fünf bis zehn Minuten, und dann geht's wieder weiter. Ich habe andere Gewohnheiten. Früher war die Abmachung zwischen mir und meinen Pferden klar: mit Gebiss im Maul wird einfach nicht gefressen, punkt. Kein Zweige-abrupfen, kein-Zügel-aus-der-Hand-zerren, wenn ich Karten lesen oder fotografieren will. Sobald ich das Gebiss abgenommen habe, durften sie aber grasen. Jetzt, gebisslos, muss ich ein anderes Ritual installieren: Absteigen - Kinnriemen auf's Maximum lockern - Hand auf den Hals legen - zwei Sekunden warten (bis dahin muss der Kopf oben bleiben) - leicht drücken - und erst dann die Erlaubnis: "darfsch". Das allein ist schon schwierig genug für Freiberger. Wenn ich sie nun vom Sattel aus fressen lasse, so ist nach nur einer oder zwei solcher "Entgleisungen" meinerseits die Erziehungsarbeit von Jahren für mehrere Monate futsch - das hat bisher nur bei meinen Warmblütern funktioniert.

Da Peter selten ankündigt, ob er Fresspause macht oder nur einen Weg nachschaut, muss ich ihn bitten, richtige, "offizielle" Pausen von mindestens 20 min. zu machen, wo es sich lohnt, abzusteigen und sogar kurz die Fesseln zu montieren.  Denn wenn nach 10 min. schon wieder Schluss sind, werden meine zwei richtig gallig, und versuchen in der Folge, jeden erreichbaren Halm zu erwischen. 10 min. Fressen ist nur das Maul verrückt gemacht... und wieder ist Peter Gentleman, und tut mir den Gefallen.

Ich bin stolz, wie gut meine Pferde mit den Arabern mithalten. Nach 50km gehe ich irgendwann einmal unauffällig an die Spitze. Calanda versteht, was gemeint ist...wink sie schaltet einen Gang herunter, und meine beiden Bauernmähren marschieren den Blütern um die Ohren. Die Retourkutsche kommt sogleich: der nächste Trab erfolgt im Renntempo... auf einem wunderbar federnden, relativ frisch angelegten Feldweg. Ich geniesse den Trab - als Reiter; Calanda und Mügi lassen sich wunderbar fliegen.  Doch als bei den nächsten Trabreprisen auf steinigen Waldwegen der gleiche Takt angeschlagen wird, muss ich - als Tierarzt - doch um ein gelenkschonenderes Tempo bitten, was mir auch gewährt wird.

Abends schleichen wir auf verwunschenen Weglein ein paar Meter über Schweizer Gebiet - Peter meint, das sei nun die obligatorische Wiedereinfuhr mit dem gelben Grenzschein, bei dem ja der Aufenhalt im Ausland zeitlich begrenzt ist...smiley

Auf dem Criollohof stehen grosse Laufboxen bereit, aber nicht alle sind gedeckt. Wir stellen kurz ein paar Panels um, und so können alle Pferde paarweise im Trockenen fressen und liegen.

 

Sonntag

Die schönsten Wege sind halt oftmals die sumpfigsten... smiley

Hufschuh Nr. 2 wird von tief im Morast liegenden Ästen abgerissen.

Einen Fribi von Schuhresten zu befreien, ist Teamwork...

Suchbild: wo ist das Schinkensandwich?

Die Arbeit mit dem vielseitigsten aller Werkzeuge ist von Erfolg gekrönt

Fachsimpelei zum Thema GPS, währenddem sich die Pferde gütlich tun

Bald darauf  kommen wir an einem Beizli vorbei, der blauen Eule. Die Zeichen stehen nun bei uns auf Hunger... ich binde meine beiden Pferde an einer Stange und an meinen neuen Reflex-Klett-Halsriemen an. Mügi nutzt die Zeit, in der wir essen, um sich kurz im Stall umzusehen und die andern Pferde zu besuchen - sollte ich wohl die Halsriemen zukünftig doch lieber nur für ihren vorgesehenen Zweck einsetzen?  cheeky

Schon zeigt sich wieder der Hewen - der Stall ist nahe.

Wieder zurück auf dem Hof Hewenblick

 

Montag

Calanda macht nach dem Frühstück noch ein Schläfchen...

Fresspause am alten Postweg

Nachdem der Waldrand geplündert ist, stapft Mügi mitsamt den Fesseln durch den etwa dreissig Meter breiten Waldstreifen davon - zielsicher in die Richtung, aus der saftiges Gras durch die Bäume schimmert...

 

Dienstag

Elke und Stefan vom Bachbubenhof zeigen mir auf der Karte eine weitere Variante des Rückwegs. Der erste Teil ist wirklich nett, aber um Bonndorf herum gerate ich längere Zeit auf Teer. Kein Problem bei schönem Wetter, da hätte man sich auf die Landschaft konzentriert; aber bei dem grau in grau, das heute herrscht, wird es etwas langweilig.  

Der nächste Schuh, der dem Sumpf zum Opfer gefallen ist

zurück an der Wutach

 es ist immer noch nass...

auf dem alten Eisenbahndamm zurück nach Lenzkirch

ich versorge Askja während dem absatteln im Auto. Wie ich zurück komme, hat sie sich eine bequemere Unterlage aus dem Gepäckraum besorgt...

 

Donnerstag

Nach einem Ruhetag, den die Pferde auf der Weide verbringen dürfen, möchte ich noch drei Tage im Nordschwarzwald verbringen. Unterwegs lade ich aus und mache noch eine Runde im Tal der Wolfach

Vor mir liegt wieder ein wunderschöner Weg über die lange Krete -

- doch leider bin ich nach der nächsten Biegung plötzlich auf einer potthässlichen Waldautobahn, die gerade frisch angelegt wurde. Zum Glück kann ich die Arbeiter recht bald "überholen", danach ist der Weg wieder schön.

Im Stall in Freudenstadt, in dem ich die letzten zwei Nächte bleiben will, wundert man sich, dass die angekündigte Wanderreiterin per Transporter ankommt... wink  die Anlage sieht von weitem ganz sympathisch aus: viele Weiden, und Auslaufboxen. Ich bekomme als Gast natürlich Innenboxen ohne Fenster. Doch obwohl alle Auslauftüren und die Fronttüren offen sind, mieft es ganz gehörig in dem Stall... nachdem sich die Pferde ein paarmal umgedreht haben, sieht man, dass die nasse Einstreu nur mit einer dünnen Schicht Sägemehl überstreut wurde, das zudem noch selber nass ist... und als ich gehe, werden zu meinem Entsetzen gerade sämtliche Auslauftüren und zugehörigen Fenster dicht gemacht, obwohl die Pferde ringsum bereits in allen Tonlagen husten.

In mir sträubt sich alles, die Pferde hier zu lassen,  und ich überlege mir, die Tiere, nachdem das Personal gegangen ist, herauszuholen und auf eine der unberührten Weiden zu stellen. Aber inzwischen schüttet es draussen in Strömen, und es sind über Nacht lokale Überschwemmungen angesagt. Ziemlich sicher wird der Stall nachts ja auch abgeschlossen sein. So fahre ich schweren Herzens ins Hotel. Aber eins ist sicher - eine zweite Nacht bleibe ich hier garantiert nicht!  Im Hotel versteht man meine Entscheidung nicht - das sei doch ein guter Stall?!

 

Samstag

Um halb acht Uhr habe ich meine Zelte abgebrochen und bin im Stall. Nichts wie raus hier! Ich fahre ans andere Ende der Stadt (in die Nähe des ursprünglich vom Hotel versprochenen Stalls), und sattle für meinen letzten Schwarzwald-Ritt. Schon beim ersten Trab hustet Mügi ein paar Mal - na danke schön, sie hat seit ihrer zweiten Druse vor fünf Jahren nie mehr gehustet... habe ich in dem Stall nun wieder einen Infekt aufgelesen? Es regnet immer wieder, aber hin und wieder gibt es sogar ein paar Sonnenstrahlen, bis am Nachmittag ein ergiebiger Landregen einsetzt. Aber ich bin gut ausgerüstet, und so kann ich den Ritt doch noch geniessen. Es wäre eine richtig schöne Strecke gewesen, bei schönem Frühlingswetter...

Beim abwärtsgehen fällt mir auf, dass Mügi vorne rechts ganz leicht tickt. Ich untersuche die Sehne (alles hart und "trocken" - ich habe auch keine Ahnung, wann sie sich verletzt haben sollte), und ziehe den Schuh aus: nein, da sind keine Steine, weder im Schuh, noch im Ballenpolster. Schliesslich fällt mir auf, dass die doch relativ scharfe Kante des vorderen Zunge in der Nähe des Kronrandes ist. Ich rolle ein wenig Papier zusammen und schiebe es darunter. Siehe da - das Ticken ist weg! offensichtlich hat das ein wenig gedrückt. Geradeaus kann ich das Papier wieder herausziehen, ich trabe Mügi vor und mache eine Beugeprobe - sie läuft absolut gerade.

Der Stausee der kleinen Kinzig

das ist wohl der Überlauftrichter bei Hochwasser?

wir haben zusammen noch dreieinhalb Klebeschuhe... cheeky (Nummer vier hat sich Mügi in der Boxe ausgezogen, als sie über die Stangen zu ihrer neuen Freundin hinüberklettern wollte)

Hier bin ich auf einen kleinen Wanderweg geraten, nachdem ich der löcherigen, steinigen Waldstrasse ausweichen wollte. Keine Ahnung, ob ich hier willkommen bin - aber da war kein Reitverbot, der Weg ist wunderschön und geht Kilometer um Kilometer auf der Krete. Mit den Schuhen mache ich ja kaum Landschaden - aber ich hätte eh einen riesigen Umweg machen müssen, um von dem Weg wieder weg zu kommen. Bei dem Regen, der jetzt so richtig eingesetzt hat - muss nicht sein...

Zurück beim Auto nehme ich noch den viertletzten Schuh ab.  Auch hier hat sich die hintere Hälfte gelöst - aber schon gestern, und ich bin so immerhin noch etwa 50km in allen Gangarten und durch beliebig viele Sumpfwege geritten!

 

Danach verlade ich die Pferde, und fahre im Nebel und Dauerregen nach Hause. Schade für den letzten Ferientag - aber schliesslich wartet zuhause Diala in einem fremden Stall darauf, nach Hause geholt zu werden! Sie freut sich hörbar, als sie mich kommen sieht, und rennt fast in den Transporter.

Fazit: Der Schwarzwald wird gewiss wieder einmal mein Ziel sein, und die Klebeschalen haben zwar nicht ganz durchgehalten, aber sie sind offensichtlich sehr angenehm zu tragen, und sie haben mir viele Male An- und Ausziehen der Schuhe erspart.   

 

Anmerkung: alle Fotos, auf denen ich zu sehen bin, sind natürlich nicht von mir, sondern von Silvia, Pat, Peter oder Günter. Herzlichen Dank!

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